Text: Berndt Dugall

Die Sitzung war geprägt von teilweise einvernehmlich, teilweise jedoch auch sehr kontrovers diskutierten Sachverhalten. Bevor jedoch die eigentlichen Tagesordnungspunkte abgehandelt werden konnten, gab der bisherige Jugendbeauftragte, Herr Moldenhauer, bekannt, dass er sein Amt aus beruflichen Gründen verbunden mit einem Ortswechsel ab sofort nicht weiter ausüben könne. Eine Anfrage unsererseits, wie hoch die Kosten des von der Stadt über Jahre geführten Streits bezüglich zunächst einer Umsetzung und dann einer krankheitsbedingten Kündigung gegenüber einer Angestellten seien, wurde vom Bürgermeister mit der Begründung nicht beantwortet, dass er dies aus rechtlichen Gründen nicht dürfe. So bleibt es dabei, dass in der Zeitung zu lesen war, dass das Arbeitsgericht Gießen in einem Urteil die Stadt verpflichtet hat, der Klägerin 29.000 € Abfindung zu zahlen, sowie den größten Teil der Gerichtskosten zu tragen. Da die Stadt zudem einen externen Anwalt mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt hatte, fallen auch hier nicht unerhebliche zusätzliche Kosten an. Insgesamt wird sich das Ganze nach sehr vorsichtiger Schätzung auf mindestens 35.000 € belaufen. In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass bereits im letzten Jahr ein Prozess gegen den Lahn Dill Kreis angestrengt wurde, wo es um den geplanten Ankauf eines Grundstücks ging, den die Stadt aufgrund eines anderweitig bestehenden Vorrangrechtes nicht realisieren konnte. Auch dieser Prozess wurde sang- und klanglos verloren. Leider ist es so, dass solche Vorgänge der Stadtverordnetenversammlung nie zur Kenntnis gegeben werden.
Die Tagesordnungspunkten:
Zunächst ging es um die Gewährung eines Zuschusses für ein Projekt zur besseren Berufsvorbereitung „lernschwacher“ Schülerinnen und Schüler – durchgeführt von der Firma ibs gGmbH - in das auch die CBES stark eingebunden ist. In einer Anfangsphase wurde dieses Projekt aus Fördermitteln finanziert, die Im Sommer 2021 ausgelaufen waren. Dann wurde seitens der CBES an die Städte Lollar und Staufenberg mit der Bitte herangetreten, für das Schuljahr 2021//22 eine einmalige Überbrückungsfinanzierung von je 15.000 € zu leisten, da - so die damalige Aussage - ab dem Schuljahr 22/23 die weitere Finanzierung gesichert sei. Inzwischen stellte sich jedoch heraus, dass diese Darstellung – vorsichtig ausgedrückt – unzutreffend war. Auch für 22/23 ist keine Förderung in Sicht. Also sollen beide Städte erneut mit je 15.000 € in die Bresche springen. Hier steht zu befürchten, dass sich das Ganze zu einer Daueraufgabe der Kommune entwickelt, Es kommt hinzu, dass in dem jetzt fortgeführten Kurs lediglich ein knappes Drittel der Teilnehmer/innen aus Staufenberg kommt, so dass es abgesehen von der grundsätzlichen Problematik gerechter gewesen wäre, die Kosten zwischen Lollar und Staufenberg im Verhältnis 40:60 aufzuteilen. Mit dieser Auffassung konnten wir uns jedoch nicht durchsetzen.
Danach ging es um die Neuausschreibung des Netzbetriebs Strom ab dem Jahr 2024. Bisher ist der Netzbetreiber die „Mittelhessen Netz GmbH (MIT:N)“, ein Ableger der Stadtwerke Gießen. Nun ist darauf hinzuweisen, dass der Netzbetrieb nicht identisch ist mit der Stromlieferung. Der Netzbetreiber hat lediglich sicherzustellen, dass eine flächendeckende Stromversorgung gewährleistet ist; der Strom selbst kann dann jedoch auch von anderen Anbietern bezogen werden. Die Vergabe unterliegt einem gesetzlich geregelten so genannten Konzessionierungsverfahren. Hier wurde nun eine einschlägig ausgewiesene Anwaltskanzlei mit der weiteren Abwicklung beauftragt, wobei konkret über die anzuwendenden Regeln und Auswahlkriterien abgestimmt wurde.
Strittigster Punkt der ganzen Sitzung war die Änderung des Baubauungsplans „Gewerbegebiet Didierstraße“ in Mainzlar verbunden mit einer Änderung des Flächennutzungsplans. Hierzu muss man wissen, dass 2019 bereits ein Beschluss bezüglich der Errichtung eines Gewerbegebiets gefasst wurde (in der Karte grau markiert), der von den für die Genehmigungsverfahren zuständigen Stellen als nicht realisierbar abgelehnt wurde. Dieser umfasste die in der als Anlage beigefügten Karte ausgewiesene Fläche. Als Ablehnungsgründe wurden u.a. Naturschutzbelange, Wasserschutz, Landschaftsschutz, Vorranggebiet Landwirtschaft geltend gemacht. Nun hat sich die Verwaltung entschlossen, einen „zweiten Anlauf“ zu nehmen, wobei das Gebiet deutlich verkleinert wird. Hier besteht nun die Hoffnung – mehr ist es nicht – dass damit alle bisher geäußerten Bedenken ausgeräumt seien. Was von der Gesamtmaßnahme jetzt übrigbleiben soll, ist die in der Karte rot umrandete Fläche in der Größe von etwa 1 Hektar. Diese wird unter anderem noch dadurch zusätzlich belastet, dass eine Fernwasserleitung durch das Gebiet führt (blau markiert), durch die die Nutzung in einem acht Meter breiten Streifen erheblich eingeschränkt wird. (keine Überbauung oder Bepflanzung zulässig).
Aus unserer Sicht ist die Ausweisung dieses Gewerbegebietes mit zu hohen Risiken behaftet, so dass wir der Maßnahme ablehnend gegenüberstanden. Es geht hier nicht prinzipiell um die Auflösung eines grundsätzlichen Widerspruchs zwischen einem Bedarf an Gewerbeflächen und dem Naturschutz, sondern entscheidend ist, dass an dieser Stelle ein Gewerbegebiet einfach mit zu hohen Risiken behaftet ist. Während wir dem Ziel, in vertretbarem Umfang auch noch zusätzliches Gewerbegebiet zu schaffen, grundsätzlich positiv gegenüberstehen, halten wir eine Verwirklichung an dieser Stelle für nicht zielführend. Im Gegensatz zur Mehrheitsmeinung gilt für uns eben gerade nicht „der Zweck heiligt die Mittel“. Am Ende stimmten 12 Stadtverordnete dafür, 5 dagegen und 4 enthielten sich. Interessant – dies sei am Rande angemerkt – war dabei, dass einmal diejenigen, die am lautesten ihre Gegenargumente vortrugen (Freie Wähler), sich lediglich enthielten, und zum anderen gerade die Vertreter der GAL plötzlich ihr Herz für die Erweiterung von Gewerbeflächen entdeckt hatten. Ob das am Ende tatsächlich dazu führt, dass dort eine Gewerbefläche entsteht, muss sich in der Zukunft weisen.

Viel entscheidender ist eigentlich, inwieweit es gelingt, RHI in Mainzlar zu halten. Hier stehen viel mehr Arbeitsplätze auf dem Spiel, als in dem jetzt angedachten Gewerbegebiet je geschaffen werden können. Wie man hört, ist die Firma gewillt, ihren Betrieb fortzusetzen, macht jedoch die Wiederbelebung des Gleisanschlusses zur Voraussetzung. Dem Vernehmen nach soll sogar, wenn diese Bedingung erfüllt wird, der inzwischen stillgelegte zweite Ofen Mitte nächsten Jahres wieder in Betrieb genommen werden. Ob das alles wirklich so kommt, hängt aber auch noch von ganz anderen Voraussetzungen ab. So muss man wissen, dass dieses Werk etwa 95% des gesamten für Staufenberg gelieferten Gases für sich benötigt. Und wie es damit zukünftig aussieht, ist überhaupt nicht abschätzbar.
Danach wurde noch über drei Anträge entschieden. SPD GAL und FDP wollen die Entwicklung eines Leitfadens zur klimafreundlichen Bauleitplanung vorantreiben, CDU und GAL möchten, dass geprüft wird, ob in einem der im kommenden Jahr freiwerdenden Grundschulgebäude eine Tagespflege eingerichtet werden kann, und noch einmal SPD GAL und FADP brachten eine Resolution ein mit dem Ziel, einen von der Kirchengemeinde Kirchberg gestellten Petitionsantrag zur Verhinderung einer drohenden Abschiebung einer zur Zeit auf der Basis von Kirchenasyl in Daubringen wohnenden Familie zu unterstützen. Alle Anträge wurden einstimmig bzw. mit großer Mehrheit beschlossen.
Ergänzt wurde die Tagesordnung dann noch um den Bericht bezüglich der Ergebnisse der im letzten Jahr eingerichteten Arbeitsgruppe „Sanierung/Neubau Sport- und Kulturhalle Treis“. Während die Mehrheitsfraktionen ursprünglich von einer Sanierung eigentlich gar nichts mehr wissen wollten und hochfliegende Pläne einer riesigen Dreifeldersporthalle möglichst noch mit zusätzlich eingebauter fester Bühne diskutierten, ist inzwischen von all dem nichts mehr übriggeblieben. Die Kernaussage der vorgelegten Stellungnahme lautet. „Zum derzeitigen Zeitpunkt kann keine Empfehlung für eine Sanierung oder einen Neubau gegeben werden“. Am ehesten wahrscheinlich ist noch irgendwann eine „kleine Lösung“ ohne zusätzlich angedachte „Begegnungsstätte“. Damit überhaupt ein solcher Bau realisiert werden kann, soll zunächst ein Sportstätten-Entwicklungskonzept erarbeitet werden, auf dessen Grundlage man dann weiter planen möchte. Es wird also noch dauern, bis sich irgendetwas ergibt, was den jetzigen Zustand beenden könnte.

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