Wer immer sich berufen fühlt, kann hierzu Stellungnahmen abgeben. Nun werden viele unserer Bürgerinnen und Bürger dieses Instrument kaum bis gar nicht kennen, obwohl es für die Entwicklung einer Kommune einen ganz wichtigen Bestandteil darstellt. Deshalb sei zunächst aus dem Entwurf selbst zitiert:
„Der Regionalplan legt die Ziele und Grundsätze der Raumordnung für die Planungsregion fest. Er ist ein überörtliches, fachübergreifendes Planwerk, in dem vielfältige, oft widerstreitende Nutzungsansprüche planerisch ausgeglichen werden. Dabei sollen möglichst viele raumwirksame Forderungen und Erwartungen der regionalen Akteure berücksichtigt werden. Thematisch geht es z. B. um die Siedlungs- und Gewerbeentwicklung, die Steuerung des Einzelhandels, die regionale Infrastruktur sowie die Nutzung und Sicherung des Freiraums.“
Der Regionalplan, der in seiner Neuauflage bis 2035 gelten soll, regelt also unter anderem, wo und in welchem Umfang eine Kommune Bau- bzw. Gewerbegebiete ausweisen kann und darf. „Kann“ deshalb, weil der Regionalplan in diesem Bereich lediglich Möglichkeiten eröffnet, diese aber nicht verpflichtend umzusetzen sind. Nun ist es sicherlich interessant zu erfahren, welche Varianten dieser Entwurf für die Belange der Stadt Staufenberg bereithält. Der Ausweis neuer und zusätzlicher Bau- und Gewerbegebiete ist eine zwiespältige Sache. Für die einen sind sie notwendige Schritte einer weiteren Entwicklung in unterschiedlichen Bereichen, für die anderen ein weiterer Schritt zu Flächenversiegelung und damit klimatisch bedenklich und gleichzeitig zusätzlicher Treiber von Naturzerstörung (Artensterben, Rückgang Biodiversität). Es ist jedoch in diesem Beitrag nicht mein Anliegen, diese grundsätzlichen Fragen zu behandeln, sondern mich darauf zu konzentrieren, welche Perspektiven der Regionalplan konkret für unsere Kommune vorsieht.
Hinsichtlich Größe und Wichtigkeit gliedert der Plan die Kommunen in Ober- Mittel- und Unterzentren. Staufenberg fällt in die Kategorie der Unterzentren und bildet hinsichtlich der zentralen Ortsteile Staufenberg/Mainzlar gleichzeitig ein so genanntes Grundzentrum.
Dazu heißt es in dem Plan: „Als Unterzentrum werden Kommunen mit mehr als 3.000 Einwohnern festgelegt, die eine gesicherte Grundversorgung haben sowie über mindestens zwei zusätzliche, überörtlich bedeutsame Einrichtungen verfügen, die auch einen Beitrag zur Versorgung von angrenzenden Kommunen leisten. Dies können zum Beispiel folgende, für die Versorgung der Bevölkerung besonders relevante Einrichtungen sein: Schule der Mittelstufe, Apotheke, Hallenbad, Bahnhaltepunkt, Fachärztliche Versorgung (mindestens 2 Fachrichtungen), Klinik, Polizeidienststelle u. a.“ Zu den zentralen Ortsteilen wird ausgeführt; „Die zentralen Ortsteile zeichnen sich in der Regel durch den Schwerpunkt der Einwohner, den Sitz der Gemeindeverwaltung sowie das Vorhandensein eines Lebensmittelmarktes und sonstiger Infrastruktureinrichtungen (Schulen u. a.) aus“
Der Bedarf an zusätzlich zu bebauenden Flächen wird aus verschiedenen Kriterien abgeleitet, von denen eines die zu erwartende Bevölkerungsentwicklung ist. Hier spielen Überlegungen wie Anzahl der Geburten- und Sterbefälle, aber auch Zuwanderung eine wichtige Rolle. Diese Zahlen werden aufgrund der Entwicklung der letzten zehn Jahre geschätzt. Für den Kreis Gießen ergibt sich so eine Bevölkerungszunahme um 3%, die allerdings für die einzelnen Kommunen sehr unterschiedlich ausfällt. Getrieben wird diese Zunahme in erster Linie durch die Stadt Gießen (10,5%), während für andere Kommunen (z.B. Rabenau – 13,7%)) ein deutlicher Rückgang prognostiziert wird. Insgesamt kann man sagen, je weiter eine Kommune vom Zentrum (Stadt Gießen) entfernt ist und je weiter weg sie vom Ballungsraum Rhein-Main liegt, wobei hier weniger die Entfernung als die Verkehrsanbindung entscheidend ist, umso geringer fällt das Wachstum aus, bzw. umso stärker ist der Rückgang. Auf der Basis dieser Betrachtungen wird für Staufenberg ein Zuwachs von 2,4 % angenommen, was konkret bei einer aktuellen Einwohnerzahl von ca 8450 einer Erhöhung von ca 200 Personen entsprechen würde.
Der Wohnraumbedarf wird jedoch nicht direkt daraus abgeleitet, sondern bezieht auch den Umstand ein, dass sich durch Veränderungen auch weiterer Bedarf innerhalb der schon vorhandenen Bevölkerung ergibt. Es würde an dieser Stelle zu weit führen, all diese Berechnungen ausführlich darzulegen. Interessant ist letztlich das Ergebnis. Dieses sieht vor, für Staufenberg einen Bereich von insgesamt 19 Hektar (ha) für insgesamt 435 Wohneinheiten zu definieren. Dabei gilt jedoch der Grundsatz „In der Plankarte werden möglichst mehr Flächen für die Siedlungsentwicklung als erforderlich dargestellt, um den Kommunen Alternativen zu eröffnen.“ D.h. Diese für Wohnbebauung ausgewiesenen Flächen müssen nicht unbedingt ausgeschöpft werden. Für Gewerbeflächen werden ebenso umfängliche Betrachtungen angestellt, die für Staufenberg im Ergebnis zu einer Ausweisung von 5 ha kommen.
Nun muss zunächst festgehalten werden, dass sich all dies im Entwurfsstadium befindet und die Stadtverordnetenversammlung auf ihrer nächsten Sitzung im März eine Stellungnahme abzugeben hat. Trotzdem dürfte es für viele interessant sein zu wissen, wo liegen denn diese Flächen. Für die einen, weil sie vielleicht Befürchtungen hegen, dass ihre bisherige Aussicht verbaut wird, für andere, weil sie sich erhoffen, dass bisher recht „wertloses“ Ackerland jetzt gewinnbringend als Bauland vermarktet werden kann.
Ich hatte schon vorab ausgeführt, dass das Konglomerat Staufenberg/Mainzlar als „zentraler Ortsteil“ angesehen wird. So ist es nicht verwunderlich, dass der Hauptteil der angedachten Erweiterungsflächen auf die Gemarkung Mainzlar (ca 80%) entfällt. Für den Stadtteil Treis sind keinerlei Erweiterungsflächen vorgesehen, für den Stadtteil Daubringen nur ganz wenige am südlichen Ortsende auf beiden Seiten der Gießener Straße.
Der diesem Bericht beigefügte Kartenausschnitt soll dies belegen. Ihm können auch die weiteren Flächen entnommen werden. Ich gebe zu, dass die Karte durch die vielen dort eingezeichneten Linien etwas unübersichtlich ist, aber die wesentlichen Elemente sind doch erkennbar.
1. Kleines Baugebiet unterhalb des Staufenberger Friedhofs bis zur Richard-Wagner-Straße.
2. Etwas größeres Baugebiet östlich des ehemaligen Reitplatzes in Staufenberg und nördlich in Verlängerung Mozartstraße bis hin zum Göllingsweg.
3. Ein größeres Gebiet nördlich und östlich von Steinstraße und Eichweg in Mainzlar, das sich dann nach Süden bis an die Landstraße nach Treis erstrecken soll und in nordöstlicher Richtung bis an den Rotgrabenhof heranreicht.
4. Erweiterung des gerade in Mainzlar erschlossenen Baugebiets „auf dem Schautanz“ nach Osten bis hin zur Straße „An der hohen Furche“
5. Die bereits erwähnte Fläche am südlichen Ortsrand von Daubringen zu beiden Seiten der Landestraße L 3146
In wesentlich geringerem Umfang werden hingegen weitere Gewerbeflächen vorgesehen (insgesamt 5 ha).
Hier finden sich folgende Gebiete:
6. Links der Umgehungsstraße in Mainzlar Richtung Treis hinter dem Parkplatz der Spedition Schmitz bis zur Einmündung der „Treiser Straße“
7. Hinter den Didierwerken angrenzend an das jetzige „Reifenlager“ bis etwa in Höhe des „Paletten Werks Lemmer“
Wie bereits ausgeführt, ist das alles bisher ein Entwurf, und es kann sich noch Einiges verändern. Aber ein Orientierungsrahmen wird es allemal werden. Spannend wird es, wenn es darum geht, die Flächen tatsächlich zu nutzen und in welcher Reihenfolge dies dann geschehen soll. Nebenbei sei mir noch eine weitere Anmerkung erlaubt. Ich hatte in meiner Rede zum Haushalt 22 u.a. kritisiert, dass die im Haushalt für 2022 als Investitionsmaßnahme ausgewiesene Gewerbefläche Didierstraße in Mainzlar wohl völlig deplatziert ist, da sie sich nicht realisieren lässt. Nun, im Regionalplan taucht diese gar nicht mehr auf.
Wenn man den Regionalplan noch auf andere Sachverhalte abklopft, findet man auch manche Merkwürdigkeit. So sind für den Kreis Gießen als denkmalgeschützte Bauwerke nebst Anlagen der Schiffenberg sowie die Burgen Gleiberg und Vetzberg ausgewiesen. Staufenberg taucht hier nicht auf. Dafür wird ein Teil des „Totenbergs“ an der Grenze der Gemarkung Treis zu Allendorf/Lda als Bodendenkmal aufgeführt.

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