Zwei altgediente Kriminalbeamte trafen sich am Aschermittwoch anlässlich des Heringsessens der CDU-Lumdatalverbände im Bürgerhaus Allendorf. Als Vorsitzender des gastgebenden CDU-Stadtverbands Allendorf/Lumda begrüßte Konrad Stelzenbach auch Parteimitglieder aus Wettenberg, Lollar, Staufenberg, und Rabenau zu einem – wie er sagte – »bunten Abend«, da ebenso Vertreter von anderen Parteien anwesend waren. Nach dem ersten Gang Heringe referierte Gastredner Bernd Paul über die Sicherheitslage in Hessen. Es folgte eine Aussprache und das gemütliche Beisammensein.

Paul wechselte im November 2014 vom Posten des Vizepräsidenten des Polizeipräsidiums Nordhessen (Kassel) auf die Stellvertreterfunktion des Präsidenten beim hessischen Landesamt für Verfassungsschutz nach Wiesbaden. Seit November vorigen Jahres leitet Paul das Polizeipräsidium Mittelhessen (Gießen). Konrad Stelzenbach wurde im März 2015 Pauls Nachfolger in Kassel. Am Beginn ihrer Laufbahn (1977) teilten sich Paul und Stelzenbach ein Büro beim hessischen Landeskriminalamt.

Aufgrund seiner Tätigkeit in Wiesbaden blickte Paul auf Deutschland: Das Land sei ein Operationsgebiet für islamischen Terrorismus geworden. Bei den Anschlägen von Ansbach und Würzburg habe der Verfassungsschutz nachgewiesen, dass die Täter über eine telefonische Standleitung instruiert wurden. Jeder könne Opfer werden. 77 Prozent der Deutschen befürchteten erneut einen Anschlag, 60 Prozent meinten, die Polizei sei dafür gerüstet, und 88 Prozent vertrauten der Polizei grundsätzlich. Die Polizei benötige den Rückhalt in der Bevölkerung, sagte Paul.

Für Ausbau der Videoüberwachung

Die Zahl der Straftaten sei in Hessen von 62 000 (2004) auf 48 000 (2016) gesunken, die Aufklärungsquote von rund 60 Prozent entspreche dem Wert für Mittelhessen. Der Rückgang betreffe alle Straftatbereiche außer den Betäubungsmitteldelikten, jene seien im Vorjahr um 2300 angestiegen. Bedenklich seien die Angriffe gegen Polizei-Vollzugsbeamte. 2016 verzeichnete man bereits 3468 Attacken, 12,9 Prozent mehr als 2015 (3071). Paul sprach von einem Sittenverfall, dem wolle er mit »klarer Kante« begegnen. Hessen habe die Bundesratsinitiative »Schutzparagraph 112« angestoßen, die auch für Rettungskräfte gelten solle. Die neue Body-Cam der Polizei wirke dämpfend und deeskalierend. Paul warb für den Verfassungsschutz. Der wirke im Hintergund und genieße ein schlechtes Ansehen. Das Feld der Cyber-Kriminalität gerate stärker ins Blickfeld. Dort müsse investiert werden. In Wiesbaden entstehe ein Zentrum für diese Straftaten im Internet. Paul wollte den islamischen Terrorismus nicht überbewerten, und setzte diesen etwa gleich mit dem Terror von Links und Rechts.
Der Staatsschutz habe 2013 ein Kompetenzzentrum für alle extremistischen Ausrichtungen beim hessischen Innenministerium eingerichtet. Mittelhessen sei kein Brennpunkt für Salafisten, Islamisten oder sogenannte Gefährder. 2007 sei an der Universität Marburg ein Beratungszentrum für Rechtsextremismus eingerichtet worden. Schulen und Kommunen könnten dort Beratung in Anspruch nehmen. Paul sprach sich aus für die elektronische Fußfessel und mehr Videoüberwachung, warb für den Freiwilligen Polizeidienst. Videoüberwachung sei in Mittelhessen kaum vorhanden, er möchte sie am Gießener Bahnhof haben.

Bericht: Gießener Allgemeine (03.03.17); Foto: C. Lemmer

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